Beispiele von Kreditnehmerinnen in Äthiopien
Der Wendepunkt im Leben von Lubuaba
Lubuaba ist durch eine lokale Partnerorganisation von Swisshand zu einer kleinen Unternehmerin mit eigenem Business geworden. Sie lebt im Dorf Shebe, das 4000 Einwohner zählt und für die umliegenden kleinen Siedlungen Handels- und Einkaufsort ist. Die Provinzhauptstadt Jima ist 68 Kilometer weit enfernt, und die Hauptstadt Addis Abeba fast 500 Kilometer. Im Dorf Shebe konnten bis heute rund 1‘000 Frauen von einem Swisshand-Programm profitieren und tragfähige Existenzen aufbauen. Lubuaba ist 42 Jahre alt und Mutter von vier Kindern. Die Familie lebte von den bescheidenen Einkünften eines kleinen Ladens, bis vor sieben Jahren der Familienvater erkrankte. Alles, was die Familie hatte, auch die Waren des Ladens, wendete sie zur Bezahlung der Arzneikosten auf. Der Vater starb trotzdem. Die Familie stand vor dem nichts. Lubuaba konnte die elementarsten Bedürfnisse der Familie nicht mehr decken; sie musste sogar die Kinder fremdplatzieren.
Auch in dem Dorf Shebe gibt es ein Komitee, gebildet aus Vertretern lokaler Behörden sowie Frauenförderungsgruppen, das geeignete Personen auswählt, die vom Programm profitieren sollen. Vor zwei Jahren war Lubuaba darunter, und das war – ihren Aussagen zufolge – der Wendepunkt in ihrem Leben. Sie durfte eine Geschäftsidee entwickeln, wofür sie einen Mikrokredit bekam.
Schulung zur Unternehmerin
Doch zuvor absolvierte sie ihr Training zur Unternehmerin. Der Programmkoordinator brachte ihr und einer ganzen Gruppe interessierter Frauen viel Wichtiges bei. Er erklärte beispielsweise den Zusammenhang von Angebot und Nachfrage. Dass man auf dem Produkt sitzen bleibt, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt. Was also wird am Ort gebraucht? Wie viel Darlehen ist dazu erforderlich? Jede der Frauen entwarf ihren eigenen Geschäftsplan. Lubuabas Idee war folgende: Im Hinterhof ihrer einfachen Behausung wollte sie drei zusätzliche Zimmer bauen und diese vermieten. Nach vielen Stunden der Vorbereitung, konnte Lubuaba beginnen, ihren Plan umzusetzen. Da aus Lebzeiten ihres Mannes noch etwas Baumaterial vorhanden war, kam sie mit einem Kredit von nur 100 US-Dollar durch. Die Idee gelang, sodass Lubuaba dank der Einnahmen aus den Mieten den Kredit innerhalb von sechs Monaten zurückzahlen konnte.
Das ermunterte sie, ein zweites Darlehen aufzunehmen, diesmal in doppelter Höhe. Mit dem Geld staffierte sie den kleinen Gemischtwarenladen ihres verstorbenen Mannes wieder mit Waren aus und begann mit dem Verkaufen. Der Kredit ist längst zurückbezahlt. Heute läuft der kleine Laden gut, wirft Profit ab und bietet – zusammen mit den Einnahmen aus den drei Zimmern – der Familie eine solide Existenzgrundlage. Auch das Schulgeld für die Kinder ist nun erschwinglich. Der älteste Sohn hat bereits erfolgreich alle Schuljahre absolviert. Danach hing er eine Weile arbeitslos zuhause herum. Da entschloss sich Lubuaba, einen dritten Kredit aufzunehmen. Mit diesem Geld half sie ihrem Sohn, einen eigenen kleinen Kleider-Shop einzurichten. Auch dieser Startup gelang. Nun ist auch er ein kleiner Unternehmer und kann seinen Lebensunterhalt selber verdienen. Seine Mutter hat sich inzwischen von einer unterstützungsbedürftigen Witwe zu einer angesehenen Geschäftsfrau entwickelt, die sich und ihre Familie hoffnungsvoll in die Zukunft steuert.
Auch Bizunesh hat es weit gebracht. Sie ist 37 Jahre alt, verheiratet, hat sechs Kinder und lebt auf dem Land. Vor acht Monaten bekam sie einen Mikrokredit, um eine Kuh, drei Ziegen und zwei Hühner zu kaufen. Es besserte sich dadurch die Ernährungssituation der Familie, jedoch verkauft Bizunesh einen Grossteil der Milch und der Eier, damit Geld in die Kasse kommt. So konnte sie ihre Schulden pünktlich tilgen. Inzwischen darf sie sich auch über “Glück im Stall” freuen; die Ziegen haben Nachwuchs. Sobald die jungen Tiere gross genug sind, werden sie verkauft. Bizuneshs Mann, der vorher arbeitslos war, und die Kinder helfen mit in der kleinen Landwirtschaft, bei Aufzucht und Pflege der Tiere. Die Familie hat ein regelmässiges Einkommen, und die Kinder gehen zur Schule.
Keriya töpfert seit sie es in ihrer Kindheit von den Eltern gelernt hat. Sie ist 35 Jahre alt, verheiratet und Mutter von vier Töchtern. Ihr arbeitsloser Mann bekommt als ehemaliger Soldat zwar eine winzige Pension, diese reicht aber nicht für die Familie. Die schäbige Hütte der Familie war vor allem in der Regenzeit ein Albtraum. Da entwickelte Keriya unternehmerische Initiative. Mit einem Darlehen von 100 US-Dollar aus dem Swisshand-Programm brachte sie ihre primitive Töpferei in Schuss. Die Geschäftsidee war folgende: In Äthiopien ist Injera das Hauptnahrungsmittel, ein weiches gesäuertes Fladenbrot aus Teffmehl. Gebacken wird es auf heissen Tonplatten. Ein Essen ohne Injera ist undenkbar, es braucht deshalb Unmengen dieser Tonplatten. Keriya hat sich nun auf Tonplatten spezialisiert; jede Woche produziert sie 30 Stück. Das Geschäft läuft bestens. Das Darlehen ist zurückbezahlt, ihre einfache Behausung hat sie um zwei Zimmer vergrössert und mit Wellblech gedeckt. Nun will sie mit einem zweiten Kredit eine Kuh dazu kaufen.